Unsere München-Expertin Ilka hat den Eröffnungssonntag der Wiesn erlebt und berichtet hier im Magazin.
Schon seit Wochen bereitet sich München auf DAS Großereignis des Jahres vor: das Oktoberfest.
Auf der Theresienwiese wurde gehämmert und geschraubt, was das Zeug hält, die Brauereien liefen am Limit, um das Oktoberfestbier fertig zu brauen, Geschäfte wurden fleißig im Wiesn-Design dekoriert, Friseurläden machten Werbung für die Flechtfrisur to go und die Trachtenläden bereiteten sich auf den Ansturm auf Dirndl und Lederhosen vor.
Am Samstag um 12:00 eröffnete dann endlich ganz traditionell der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter im Schottenhamel-Festzelt das Oktoberfest mit dem Anstich des ersten Bierfasses und den Worten „O’zapft is! Auf eine friedliche Wiesn!“. Dann gab es noch ein schnelles Prosit auf die Gemütlichkeit, und Oans, zwoa, g’suffa! los ging er auch schon, der alljährlich wiederkehrende Wiesnwahnsinn.
Meine Wiesn beginnt einen Tag später am Sonntag am Karlsplatz/Stachus in der Münchner Innenstadt. Denn traditionell präsentieren sich am ersten Wiesnsonntag ab 10:00 die Trachten- und Schützenvereine und Musikkapellen bei ihrem Festzug quer durch München bis zum Oktoberfestgelände auf der Theresienwiese.
Ursprünglich fand dieser Umzug 1810 zu Ehren der Hochzeit von Kronprinz Ludwig I. und Prinzessin Therese (Namensgeberin für die Theresienwiese) statt. Inzwischen ist der Festzug ein fester Bestandteil des Oktoberfestes und tausende Münchner versammeln sich entlang der 7km langen Strecke, um die ca. 9.000 Teilnehmer zu bewundern. An mir vorbei ziehen prächtig geschmückte Wägen der Münchner Brauereien, in Tracht gekleidete Spielmanns- und Fanfarenzüge, Sport- und Gebirgsschützen aus ganz Deutschland und Europa. Angeführt wird der Zug vom Münchner Kindl, dem personifizierten Wahrzeichen Münchens.
Ich folge der Prozedur langsam in Richtung Theresienwiese. Dort angekommen, entscheide ich mich spontan, die „Oide Wiesn“ zu besuchen. Diese hat einen eigenen Bereich auf dem Oktoberfestgelände und war ursprünglich als einmalige Aktion zum 200-jährigen Wiesn-Jubiläum im Jahr 2010 gedacht. Für 3€ Eintritt gibt es die Wiesn, so wie sie ganz früher einmal war. Das Bier wird noch in Steinkrügen serviert, es gibt historische Fahrgeschäfte und im Festzelt „Tradition“ wird, wie der Name schon vermuten lässt, Brauchtum ganz groß geschrieben: Blasmusik, Goaslschnoitzer, Schuhplattler, Volkstanz und noch vieles mehr wird geboten. Daneben gibt es das Musikantenzelt „Herzkasperl“, ein Museumszelt mit einer Schiffsschaukel, ein Marionettentheater und und und. Besonders beliebt ist die Oide Wiesn bei Familien, weil es hier etwas gemütlicher und traditioneller zugeht, als auf der normalen Wiesn. Mit dem großen Erfolg, den die „Oide Wiesn“ feierte, hatte wohl niemand so wirklich gerechnet und so wurde aus einer einmaligen Veranstaltung ein inzwischen fester Bestandteil des Oktoberfestes.
Nach einer Stärkung im Festzelt Tradition mit der ersten Wiesn-Maß des Jahres geht es weiter. Mein Ziel: das Riesenrad. Von den Kabinen in 50m Höhe über der Theresienwiese hat man einen grandiosen Ausblick auf die ganze Stadt und kann das bunte Treiben auf dem Festgelände von oben betrachten. Bei Föhn sieht man sogar die Berge. Eine Riesenradfahrt darf meiner Meinung nach bei keinem Wiesnbesuch fehlen.
Genauso wenig wie eine Fahrt mit der „Wilden Maus“- der ältesten Wiesn-Achterbahn. Loopings gibt es in der Wilden Maus keine, dafür hohe Geschwindigkeiten und kurz geschnittene Kurven. Die haben es in sich, denn man wird ruckartig hin- und hergeschleudert. Jedes Jahr auf’s Neue gibt es blaue Flecken am Oberschenkel. Aber die Fahrt macht einfach viel zuviel Spaß, als dass ich darauf verzichten würde.
Es gibt noch unzählige weitere Fahrgeschäfte. Eines der amüsantesten, zumindest wenn man Zuschauer ist, ist das „Toboggan“. Dabei handelt es sich um eine Riesenrutsche. Bevor jedoch gerutscht werden darf, muss jeder Fahrgast über ein Förderband auf die Mitte des Turmes fahren. Von dort aus geht es zu Fuß über eine Treppe auf die Turmspitze. Von da aus geht es per Rutsche wieder nach unten.
Vor dem Toboggan versammeln sich gerne zahlreiche schadenfrohe Zuschauer, die einen riesen Spaß daran haben, den Betrunkenen beim Bezwingen des Förderbandes zuzuschauen.
Nach all den Fahrgeschäften und bunten Eindrücken ist mir nach einer kleinen Entspannungspause und ich treffe mich mit Freunden im Biergarten eines der Festzelte. Erstaunlicherweise finden wir sofort einen Platz. Auch im Zelt, wo wir nach einer kurzen Ruhepause landen, ist schnell ein Tisch gefunden.
Spätestens als Helene Fischers „Atemlos“ von der Band angespielt wird, ist die Stimmung am Kochen und wir tanzen gemeinsam mit den anderen Wiesnbesuchern auf den Bänken.
Ganz zum Schluss kommt das Highlight eines jeden Oktoberfestbesuches: das Teufelsrad. Das gibt es schon seit 1910. Es handelt es sich dabei um ein Geschicklichkeitsspiel. Auf einer großen Drehscheibe mit ca. 5m Durchmesser können alle Mutigen mitdrehen. Mit Hilfsmitteln, wie z.B. Bällen und Seilen, versucht der „Rekommandeur“ Werner Simmerl alle diejenigen von der Scheibe zu holen, die der Fliehkraft trotzen. Einen bösen bayrischen Spruch gibt’s noch obendrauf. Allzu empfindlich sollte man also nicht sein.
Gewonnen hat am Ende der, der bis zuletzt auf der Drehscheibe verbleibt. Eine riesen Wiesngaudi, vor allem für die Zuschauer. Denn wie wir schon vom „Toboggan“ wissen, ist Schadensfreude ja bekanntlich die schönste Freude.
Ein bisschen müde, aber mit vielen schönen, erinnerungswürdigen Momenten im Gepäck, endet ein perfekter Wiesntag und ich bin schon voller Vorfreude auf alle noch Folgenden.
Die Wiesn erreicht man auch mit der einer Stadtrundfahrt durch München, in dem man am Haltepunkt „Karlsplatz“ aussteigt. Vor dort sind es nur noch wenige Minuten zu Fuß bis zum Oktoberfest-Gelände.