Weihnachtsmärkte gibt es in München viele. Doch einer hebt sich von der Masse ab: das Tollwood Winterfestival auf der Theresienwiese. Unsere Autorin Ilka hat dem Festival einen Besuch abgestattet.
Das Tollwood-Winterfestival findet seit 1991 jedes Jahr statt. Kurz vor dem ersten Adventswochenende öffnet es seine Tore auf der Theresienwiese. Neben einem Weihnachtsmarkt, der bis zum 23.12. geöffnet ist, hat das Tollwood aber noch einiges mehr zu bieten. Denn das Festival versteht sich als Forum für Ökologie und Umweltbewusstsein. Ziel der Betreiber ist es, den ökologischen Fußabdruck des Festivals so gering wie möglich zu halten und Mensch und Umwelt in Einklang miteinander zu bringen. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Tierschutzbund setzt sich das Tollwood beispielsweise für ein Ende der Massentierhaltung ein. So ist die Festivalgastronomie seit 2003 nach den Richtlinien der EG-Öko-Verordnung zertifiziert, d.h. es werden annähernd 100% Bio-Qualität erreicht. Auf dem “Markt der Ideen” werden fair und umweltgerecht produzierte und gehandelte Produkte verkauft.
Das Festival findet jedes Jahr unter einem bestimmten Motto statt. Dieses Jahr lautet es “Na sauber” mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen rund um das Thema Müll und Recycling.
Aufgrund seiner Vielfältigkeit und schönen Atmosphäre zählt das Tollwood-Winterfestival für mich jedes Jahr zum Pflichtprogramm in der Adventszeit. Es bietet für nahezu jeden Geschmack etwas: kulturell Interessierte kommen bei den zahlreichen themenbezogenen Ausstellungen und einem bunten Unterhaltungsprogramm, wie z.B. dem Klassiker der Beziehungscomedy “Caveman”, auf ihre Kosten, Schleckermäuler finden nationale und internationale Köstlichkeiten an den Ständen draußen oder in den Zelten und Musikliebhaber sind im Festivalclub mit Konzerten regionaler Bands genau richtig aufgehoben.
Schon im Vorfeld habe ich einiges über die diesjährigen Ausstellungen und Aktionen gelesen. So bin ich auch gar nicht überrascht, als ich beim Verlassen des U-Bahn-Geländes an der Haltestelle “Theresienwiese” rechterhand eine ganze Armee von “Trash People” erblicke. 500 menschliche Nachbildungen aus Müll vom Künstler HA Schult sollen uns an unsere ökologische Verantwortung erinnern. “Der Müll von heute ist der archäologische Fund von Morgen” schreibt er auf seiner Internetseite. Seit 1996 reisen die „Trash People“ um die Welt von Tel Aviv, über Moskau, Peking, Kairo, Rom und nun auch nach München.
Ein paar Schritte weiter erblicke ich das nächste Ausstellungstück: eine Weihnachtsbaumskulptur aus über 4.000 leeren Plastikflaschen, der sogenannte “Flaschenbaum” von Adam Stubley. Auch er soll uns zum Nachdenken über unseren Konsum und die damit verbundene Müllproduktion anregen.
Passend dazu ist gleich links der “Weltsalon”- das Ausstellungszelt auf dem Tollwood. Diese multimediale Ausstellungsfläche hat sich ganz dem Motto “ÜberLebensWert” verschrieben. 16 Installationen laden zum Entdecken und Nachdenken ein und widmen sich den Fragen: Was führt zu einem friedlicheren Miteinander? Was ist Glück? Wie viel weniger ist mehr? Beim Eintreten erblicke ich als erstes einen alten, verrosteten VW Käfer. Künstler Bernd Richter möchte mit diesem Ausstellungsstück darauf aufmerksam machen, wie die Vergangenheit auch in der Zukunft ihre Spuren hinterlässt. Auf der rechten Seite entdecke ich den “Tausch(T)Raum”: Wer Dinge hat, für die er keine Verwendung mehr findet, kann diese dort hinterlassen und getreu dem Motto “Tauschen statt Kaufen” etwas anderes dafür mitnehmen.
Schräg gegenüber befindet sich ein detailgetreu nachgebildetes und liebevoll gestaltetes Badezimmer inklusive WC und Waschbecken. Auf dem stillen Örtchen dreht sich alles um das Thema Glück. Es werden kleine Alltagssituationen dargestellt. Über dem Waschbecken hängt beispielsweise ein Spiegel, auf dem mit Lippenstift geschrieben steht “Du machst mich glücklich”. An den Wänden hängen Bilderrahmen mit Sprüchen und Definitionen von Glück. Nebenan steht ein Aquarium, welches einen kleinen Ausschnitt der Verschmutzung unserer Meere mit Plastikmüll zeigt und fragt “Ist das eigentlich noch Meer im Meer?”.So wandere ich im Weltsalon nach und nach von Installation zu Installation und bin sehr begeistert von den Ideen der Künstler und der gelungenen Zusammenstellung.
Nach soviel geistiger Anstrengung muss aber erst einmal ein alkoholisches Heißgetränk her. Direkt vor dem Zelt befindet sich die Druiden-Bar. Hier gibt es den original gallischen Zaubertrank von Asterix und Obelix. Genau das Richtige für mich!
Frisch gestärkt und gewärmt setze ich meine Erkundungstour fort und schlendere über das Festivalgelände. Es duftet überall herrlich nach Glühwein, Bratwurst und Co. Die Stände sind ganz international. Es gibt eine Schwedenbar, amerikanische Donuts, ungarisches Langos, französisches Fondue und noch vieles mehr.
Glücklicherweise bin ich schon am frühen Nachmittag unterwegs und kann entspannt die schön dekorierten Stände anschauen, ohne mich durch Menschenmassen drängeln zu müssen.
Auf der anderen Seite des Tollwoods stoße ich auf eine weitere Ausstellung. “Die Demonstration der Tiere” vom österreichischen Künstler Ludwig Frank und dem japanischen Holzbildhauer Mukai Katsumi. Eine sechs Meter hohe Formation aus Stelen als Symbole für die Tiere, die mit Protestschildern ihre Rechte einfordern. Huhn, Schwein, Rind und noch ein paar andere Tiere fordern dazu auf, sich für eine artgerechte Tierhaltung einzusetzen.
Soviel Schauen und Laufen macht hungrig. Deshalb begebe ich mich geradewegs in das Food-Plaza-Zelt. Hier dreht sich alles ums Essen. Lampions an der Decke verbreiten eine gemütliche Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt. Im Zelt gibt es neben dem klassischen süßen Baumstriezel zahlreiche internationale Stände: von Indisch, Thailändisch und Griechisch bis hin zu Äthiopisch und Mexikanisch gibt es einfach alles, was das Herz bzw. der leere Magen begehrt.
Wer es lieber vegetarisch-vegan mag, kommt im Gastronomiezelt „EssZimmer” auf seine Kosten. Die Entscheidung fällt nicht leicht. Am liebsten würde ich gerne überall eine Kleinigkeit probieren. Doch dafür reicht die Zeit nicht. Schließlich muss ich noch Weihnachtsgeschenke für meine Lieben besorgen.
Ich schlendere durch das “Mercato”- und “Bazar”-Zelt und bin beeindruckt von der riesigen Auswahl an Ständen und Produkten. Da gibt es Tee, Keramik, Kleidung, Spielzeug, Schmuck, Taschen aus Recyclingmaterialien und, und, und. Schließlich werde ich fündig und habe mir nun etwas Entspannung verdient.
Leider ist es noch etwas zu früh den “Festivalclub”. Hier treten täglich zwei regionale Bands kostenlos auf.
Ein weiteres Highlight im Festivalclub ist die “Silent Disco”, welche am 17.12.2015 stattfindet. Ab 22:00 können sich Besucher kostenlos Kopfhörer ausleihen und zu ihrer eigenen Lieblingsmusik tanzen, ohne dass das Umfeld etwas davon hört.
Ebenfalls spannend ist eine Neuheit auf dem Tollwood: das “Repair-Café. Die Idee: statt alte und kaputte Kleinelektro-Geräte zu entsorgen, kann mit ehrenamtlichen Reparateuren gemeinsam am Gerät gebastelt werden, um es wieder zum Funktioneren zu bringen. Auch Kleidung kann an einigen Tagen mit Hilfe der ehrenamtlichen Helfer geflickt und aufgepeppt werden.
Auf dem Tollwood kann man gut und gerne einen kompletten Tag verbringen, ohne das Langeweile aufkommt. Wer es lieber entspannt mag, sollte unter der Woche am frühen Nachmittag vorbeischauen. Am Abend wird es richtig voll.
Krönender Abschluss des Tollwoods ist die Silvestergala am 31.12.2015 mit einem Abschiedsfeuerwerk vor der Kulisse der Bavaria.
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Markt der Ideen bis 23.12.
Mo – Fr 14 – 1 Uhr
Sa/So 11 – 1 Uhr
Eintritt frei