Das Aquarium Berlin ist eines der artenreichsten und modernsten Schauaquarien der Welt. Unsere Berlin-Autorin Ariane hat ihm einen Besuch abgestattet und berichtet in Text und Bild.
Quallen, Haie, Seepferdchen, Krokodile, Schildkröten, Brückenechse und Vogelspinne stehen auf meinem Notizzettel, als ich das Aquarium Berlin durch das Eingangstor an der Budapester Straße betrete. Zuhause habe ich mir auf der informativen und liebevoll gestalteten Homepage eine Liste meiner persönlichen Highlights zusammengestellt. Diese Tiere will ich auf jeden Fall sehen.
Es ist Montag, kurz vor 14 Uhr. Ich stehe im Eingangsbereich des Aquariums Berlin, am Rande einer wie wahnsinnig wuselnden Schulklasse. Die Lehrerin bleibt bewundernswert ruhig und erklärt irgendwas, wohl die weitere Laufrichtung, denn schon setzt sich der Schwarm in Bewegung und zieht die Treppe hinauf.
Da es keinen Plan zum Mitnehmen gibt und ohne vorheriges Anmelden einer Gruppe auch keine Führungen, habe ich mir am Eingang für 4 Euro ein Heft gekauft, den „Wegweiser durch das Zoo-Aquarium“, mit vielen Farbfotos und Beschreibungen der einzelnen Tiere und ihrer Besonderheiten. Damit verschaffe ich mir erst einmal einen Überblick, wer hier wo wohnt. Aber auch auf meinem weiteren Spaziergang durch die Artenvielfalt ist mir die Broschüre ein wertvoller Begleiter.
Auf drei Stockwerken sind insgesamt rund 13.000 Tiere in mehr als 1.000 Arten untergebracht: im Erdgeschoss die Aquarien mit Meeres- und Süßwassertieren aus aller Welt, im ersten Stock die Reptilien und Amphibien und ganz oben, im dritten Stock, das Insektarium.
Das Aquarium Berlin besteht an dieser Stelle seit 1913. Nach der Schließung des von Alfred Brehm gegründeten Aquariums an der Ecke Unter den Linden / Schadowstraße im Jahr 1910 wurde zwischen 1911 und 1913 ein neues Aquarium an den Zoologischen Garten gebaut, nach dem Konzept Oskar Heinroths, der 1929 zu dessen Direktor ernannt wurde. Nach dem Krieg, insbesondere in den 1920er Jahren, war das Zoo-Aquarium zum Publikumsmagneten geworden. Im November 1943 schlug eine Bombe direkt in die Krokodilhalle ein und zerstörte das Haus vollständig. Im weiteren Kriegsverlauf wurden auch die Nebengebäude verwüstet. Der Wiederaufbau auf den Grundmauern des alten Gebäudes war schwierig, doch Anfang der 1950er Jahre konnten die Besucher schon wieder seltene Fische bestaunen. Später wurde das Haus nach und nach saniert und erweitert. Heute ist es eine der artenreichsten Einrichtungen dieser Art weltweit.
Hier unten im Eingangsbereich, neben dem Shop, werde ich von der pulsierenden Schönheit einer blau leuchtenden Wassersäule angezogen. Jede Menge kleiner und größerer Quallen, alle fast durchsichtig, schweben hier in rhythmischen Pumpbewegungen durchs Wasser. Es handelt sich um die gepunktete Wurzelmundqualle. Wegen ihres bläulich schimmernden Schirms mit den leuchtenden weißen Punkten wird sie auch Sternhimmelqualle genannt. Wie gebannt starre ich auf diese lebendigen Hauche von Nichts, die mir vorkommen wie ferne Zauberwesen. Ich könnte ewig so bleiben, aber es gibt noch viel zu sehen, und so starte ich den Rundgang durch den Aquarien-Bereich bei den Australischen Gewässern, gleich neben den Kassenhäuschen am Eingang Budapester Straße.
Rotfeuerfisch, Zitronenkugelfisch, Ringkaiserfisch… eine Fülle an schrillen Farben, bizarren Formen und skurrilen Bewegungsmechanismen gibt dem Sehapparat ordentlich Stoff zum Verarbeiten. Wer hat sich das alles bloß ausgedacht?
Im Rundumbecken weiter hinten beeindrucken mich neben den schnittigen Zwerghammerhaien vor allem die gewaltigen, silbern schillernden Bodenguckermakrelen aus der Karibik. Im Haibecken gegenüber muss ich innerlich über den Teppichhai lachen, weil er mit seiner braun-beige gefleckten Kuscheligkeit so gar nicht zur kühlen Eleganz seiner Mitbewohner passen will. Ganz nah am Glas hat sich eine große, gelbgrün leuchtende Grüne Muräne in die Zwischenräume eines zerklüfteten Felsbrockens gewunden und scheint hier ein Mittagsschläfchen zu halten. Auf einmal regt sich etwas. Sie beginnt, sich langsam aus der steinernen Fassung zu schrauben und ist mit ein paar eleganten Drehungen im hinteren Teil des Beckens verschwunden.
Ich könnte noch endlos weiter schwärmen, von den Seepferdchen, die aussehen wie schwimmende Schachspielfiguren, von dem riesigen, achtarmigen Kraken und seinen wie industriell gefertigten Saugnäpfen, der ein Becken für sich allein bewohnt, von den türkis-pink-orange-gelb-grün leuchtenden Korallenbecken, die mich derart hypnotisiert haben, dass ich kurz auf einer Südseeinsel war, von der gewaltigen Anakonda im ersten Stock, die den Besucher (Schlangenphobiker aufgepasst!) gleich an der Treppe empfängt, von den riesigen Schildkröten, der bemerkenswert hässlichen Gila-Krustenechse, der begehbaren Krokodilhalle und natürlich von der ganzen spinnerten Welt im dritten Stock mit diversen Schrecken, Grillen, Schaben und Skorpionen… Aber besser, man macht sich auf den Weg und sieht mit eigenen Augen hin.
Das Aquarium Berlin hat an jedem Tag im Jahr von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Nur am 24. Dezember schließt es schon um 14 Uhr. Man kann es entweder extra besuchen (Einzelticket) oder zusammen mit dem angrenzenden Zoo (Kombiticket). Für Kinder gibt es zahlreiche Programme wie etwa Taschenlampen-Nachtführungen, Fotoworkshops oder Halloween-Grusel-Nächte. Erwachsene können das Aquarium als Eventraum für Jubiläen, Geburtstage, Lesungen oder Betriebsfeiern mieten und Tierpatenschaften übernehmen.
Mit der Stadtrundfahrt in Berlin erreicht man das Aquarium Berlin bequem mit dem Hop On Hop Off Bus, in dem man an der Haltestelle „Rankestraße, Ecke Kurfürstendamm“ aussteigt. Von dort aus sind es nur noch wenige Meter zu Fuß.