Unsere München-Autorin Ilka besucht die „Biertour in München“ und berichtet über die große Anzahl an Brauereien in München, einer Verkostung in der jüngsten Brauerei der Stadt und vielem mehr.
Das Bier gehört zu Bayern, wie der Wein zu Italien. Es gibt unzählige Sorten: Weißbier, Helles, Märzen, Altbier, Bockbier, Starkbier, … – und natürlich nicht zu vergessen das Oktoberfestbier. Es ist also nicht ganz einfach, bei dieser Vielfalt den Durchblick zu behalten.
Um ein bisschen Licht so kurz vor Beginn des Oktoberfestes ins Dunkel zu bringen, mache ich mich an einem schönen sonnigen Freitag auf zu einer Biertour quer durch München.
In einem der blauen Doppeldeckerbusse starten wir die dreistündige Tour am Karstadt gegenüber dem Bahnhofsplatz. Am Steuer sitzt unser Busfahrer Joachim, am Mikrofon begrüßt uns unser Tourguide Annette.
Während wir langsam losfahren, erzählt uns Annette interessante Fakten zur Geschichte des Bieres. Bereits 1516 wurde in Bayern eines der ältesten Lebensmittelgesetzte der Welt eingeführt: das Reinheitsgebot. Dieses besagt, dass zur Herstellung des Bieres nur Hopfen, Malz, Hefe und Wasser verwendet werden dürfen. Zur Gründung der Weimarer Republik 1918 wurde das Reinheitsgebot dann in ganz Deutschland eingeführt. Im 20. Jahrhundert kippte die EU das deutsche Reinheitsgebot für Import- und Exportbiere. Doch die sechs großen Münchner Brauereien Augustiner-Bräu, Spaten-Franziskaner-Bräu, Hacker-Pschorr, Paulaner, Hofbräu und Löwenbräu schlossen sich zusammen und gründeten die Handelsmarke „Münchner Bier“. Alle Biere mit dieser Kennzeichnung müssen in München innerhalb der Stadtgrenzen gebraut werden und haben sich verpflichtet, das Reinheitsgebot von 1516 einzuhalten. Von Annette erfahren wir, dass zum 500-jährigen Jubiläum des Bayrischen Reinheitsgebotes nächstes Jahr vom 22. bis zum 24. Juli 2016 ein Festival in München stattfindet, bei dem sich alles rund um die Braukunst und das Bierhandwerk dreht.
Während unser Tourguide weitere spannende Fakten rund ums Bier erzählt, können wir das schöne Wetter und die Aussicht vom Deck aus genießen. Wir fahren wir mit dem Bus am Stiglmaierplatz vorbei. Dort befindet sich der Löwenbräukeller mit seinem schönen Biergarten. Ein paar Meter weiter, in der Nymphenburger Straße, sehen wir auf der linken Seite die Kupferkessel der Löwenbräu-Brauerei. Wir biegen in die Marsstraße ab und erblicken vor uns schon die nächste Brauerei: die Spaten-Brauerei.
Unser Tourguide eröffnet uns, dass wir Spaten eine wichtige Erfindung des Alltags verdanken- den Kühlschrank. Früher wurde untergäriges Bier nämlich ausschließlich im Winter gebraut, da der empfindliche Gärungsprozess nur bei niedrigen Temperaturen gelingt. Zudem gab es im Sommer keine Kühlmöglichkeiten. Der Ingenieur und Wissenschaftler Carl von Linde erhielt von Spaten finanzielle Unterstützung für seine Forschung und entwickelte 1876 den Kühlschrank.
Nachdem wir die Spaten-Brauerei hinter uns gelassen haben, biegen wir in die Landsberger Straße ein und fahren Richtung Hauptbahnhof, vorbei am ältesten Münchner Biergarten: dem Augustiner Biergarten. München ohne Biergärten wäre wie Hamburg ohne Fischmarkt- einfach nicht dasselbe. Doch woher kommt die Biergartenkultur eigentlich? Gespannt lauschen wir den Worten unseres Tourguides. Wir erfahren, dass aufgrund der damaligen schlechten Kühlmöglichkeiten das Bier unterirdisch in eigens dafür angelegten Bierkellern gelagert wurde. Um eine direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden, wurden oberhalb der Bierkeller große Kastanienbäume angepflanzt. Die Brauereien entdeckten bald, dass sich die lauschigen Plätzchen gut zum Bierausschank an Privatpersonen eigneten und stellten Bierbänke und -tische auf. 1812 wurde diese bis dahin „wilde“ Biergartenkultur legalisiert. Noch heute ist es übrigens so, dass in einem traditionellen Münchner Biergarten laut Bayrischer Biergartenverordnung eine eigene Brotzeit mitgebracht werden darf und nur die Getränke gekauft werden müssen.
So kurz vor Beginn des Oktoberfestes („Wiesn“ wie der Münchner sagt) darf auf einer Biertour natürlich eines nicht fehlen: die Theresienwiese- der Ort, an dem einmal im Jahr in München der absolute Ausnahmezustand herrscht. Menschen aus der ganzen Welt fallen in die Stadt ein, um in Dirndl und Lederhose Bier zu trinken und zu feiern. Und so fahren wir einmal um das Festgelände herum und können uns vom aktuellen Stand des Zeltaufbaus ein Bild machen.
Anschließend war als Highlight unserer Tour ursprünglich eine Führung durch die Paulaner Brauerei geplant. Allerdings befindet sich diese gerade mitten im Umzug auf ein größeres Brauereigelände im Münchner Westen. Doch Brauereien gibt es in München glücklicherweise mehr als genug und so statten wir der jüngsten Münchner Brauerei einen Besuch ab: der Giesinger Brauerei. Sie wurde erst 2006 gegründet und durch Crowdfunding finanziert. Besonders auffällig ist das frische, junge Design der Bierflaschen.
Ein angehender Brauereimeister empfängt uns in den heiligen Hallen der Brauerei und führt uns herum. Er erklärt uns detailliert den Prozess des Bierbrauens und die einzelnen Stationen, die die Zutaten durchlaufen müssen bis letztendlich das Bier entsteht. So erfahren wir beispielsweise, dass für die Bierfarbe das Malz verantwortlich ist. Je nachdem aus welcher Getreideart es gewonnen wird, wird das Bier eher hell oder dunkel.
Anschließend kommen wir zum köstlichsten Teil der Tour: wir dürfen ein Helles und ein Weißbier verkosten. Zur Stärkung und zur Neutralisierung des Geschmackes gibt es als Beilage frische Brezn. Gemeinsam sitzt unsere Gruppe an einem Tisch und wir kommen ein wenig ins Gespräch. Ein sehr sympathisches älteres Paar erzählt, dass es aus Argentinien angereist ist und sogar Münchner Vorfahren hat. Mit dabei sind außerdem noch eine Japanerin, ein amerikanisches Pärchen, ein Brasilianer und ein deutsches Paar. Wir sind also eine kunterbunte, sehr internationale und aufgeschlossene Gruppe, was der Stimmung sehr zuträglich ist. Leider müssen wir irgendwann aufbrechen und den Rückweg antreten.
Das Wissen von Annette ist anscheinend unerschöpflich. Denn kaum sitzen wir im Doppeldeckerbus, erzählt sie uns auch schon wieder neue spannende Fakten. So erfahren wir z.B., dass die Braukunst ursprünglich eine Frauendomäne war.
Voller neuer Eindrücke und als frischgebackene Bierprofis landen wir nach insgesamt ca. drei Stunden Biertour wieder am Hauptbahnhof und beenden dort unsere Fahrt. So kurz vorm Oktoberfest war diese Tour genau das Richtige und die perfekte Einstimmung auf die Wiesnzeit. Außerdem findet sich im Festzelt bestimmt der ein oder andere Bierbanknachbar, der sich mit dem neu erlangten Wissen über Bier beeindrucken lässt.
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